Sunday, 26 April 2009

Drecksau

Ich bin eine echte Drecksau!

Ich trenne keinen Müll mehr. Gemüse, Obstschalen, Teebeutel, Glas, Plastik, Papier, alles geht in einen großen Eimer. Der wird dann ab und zu mal aus der Küche rausgebracht und in einer Ecke vom Grundstück gesammelt, bis er jeden Dienstag von einem Pick-Up zur Entsorgung mitgenommen wird. Entsorgung? Haha. Das Zeug wird alles auf einem großen Haufen verbrannt!

Wenn ich den Zündschlüssel in meinem "neuen" Dienstwagen (Baujahr '95) umdrehe, dann merke ich richtig, wie die 4,2 Liter Hubraum unter der Kühlerhaube tief Luft holen, um eine fette, tiefschwarze Wolke in den Hof hineinzuhusten. Fahre ich dann im 1. Gang an und lege am Hügel noch etwas nach, kann ich kaum glauben, dass hinter mir noch irgendetwas am Leben bleibt. Hier wird mit hemmungslosen 20 Litern Diesel Verbrauch rußig-schwarzes Verderben produziert, für das ich in Deutschland wahrscheinlich von TÜV, Polizei, den Nachbarn und dem Bundesgrenzschutz verfolgt werden würde.

Auf der Hauptverkehrsstraße schneide ich Kurven erbarmungslos, drängele mich stetig und penetrant in den fließenden Verkehr hinein, und mit großzügigem Hupen warne ich diejenigen Fußgänger, die es riskieren wollen, einen Fuß auf die Straße zu setzen und verscheuche Motorradfahrer, die sich vor, hinter, rechts und links von mir vorbeischummeln wollen. Das wird so von mir erwartet. Wer mit einem solchen Schiff auf den Straßen unterwegs ist, der muss dafür sorgen, dass der Verkehr fließt (in seine eigene Fahrtrichtung), damit die Autos dahinter auch weiter kommen. Zumindest so lange, bis z.B. ein Truck kommt und mir die Vorfahrt nimmt.

Biege ich mal ab, benutze ich manchmal den Blinker, meistens aber winke ich lässig mit dem Arm aus dem Fenster: "He du hinter mir! Mach ma' langsam, ok?". Fußgänger würde ich nie über die Straße lassen. Das wäre praktisch Beihilfe zum Selbstmord. Denn wenn ich höflich halten und sie wohlwollend hinüberwinken würde, wäre wahrscheinlich mein freundliches Lächeln das letzte, was sie sehen würden, bevor sie von einem links oder rechts an mir vorbeizischenden Auto oder Motorrad überrollt werden würden.

Komme ich dann schließlich vor einem Eingangstor an, steige ich nicht etwa aus - oh nein. Ich hupe laut und dreist. Und wenn sich da innerhalb einer halben Minute nichts tut, dann hupe ich gleich noch mal doppelt so laut hinterher. Sicher ist der Guard drinnen am Pennen!

Die Kinder kutschieren wir seit Wochen schon ohne Kindersitz durch den dichten Stadtverkehr. Ich glaube auch, wir sind die einzige Familie in ganz Kampala, die solche komischen Dinger besitzt.

Auf dem Rückweg halte ich noch mal kurz an einem Shop, um Milch und Brot zu kaufen. Dort gibt es auch ein paar aktuelle DVDs zu kaufen - allerdings glänzen alle im unschuldigen Silber von DVD Rohlingen, manchmal noch nicht mal von Hand beschriftet. Ich hatte meine einheimischen Kollegen auch schon mal eindringlich diesbezüglich befragt: Als ein Recht-und-Ordnung-Liebender Deutscher sei es mir eigentlich unmöglich so etwas zu kaufen... wo kriege ich denn Originale? Nach ausführlicher Beratung kamen sie aber überein: Vielleicht irgendwo in der Stadt, aber sie hätten selber noch nie einen Shop mit Originalen gesehen.

Tja, und so kaufe ich also weiter die handbeschrifteten Blockbuster-Silberlinge, drängele mir den Weg auf die Straße frei, fahre auf der Gegenfahrbahn, wenn auf meiner Seite gerade ein Schlagloch ist und hupe vor meinem Gate, damit es endlich geöffnet wird. Wie eine echte Drecksau eben. Wird so jemand jemals wieder in good old Germany re-integrierbar sein? Im Moment hab ich da so meine Zweifel ;-)

2 comments:

  1. Hi Benedikt

    I know that is not easy to wear all this years on your bag, bet l wish you a lots of luck and happines. Happpy birthday from Sanja&boys

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  2. Hihi,

    sehr nett zu lesen! Alles Gute zum Geburtstag!

    von

    den Nürnberger Krassmanns.

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