Ich bin mit Sicherheit ein gutes Stück mehr angekommen. Aber ich merke auch, dass der Weg noch weit ist. Ich bin jetzt richtig eingezogen, habe meinen Schreibtisch, Stuhl, Notebook, Netzwerk, der Drucker läuft usw.
Aber ganz anders als bei jedem anderen Start irgendwo, fühle ich mich doch noch recht auf mich alleine gestellt. Das Englisch von Manchem oder Mancher ist ähnlich schwer zu verstehen, wie das Englisch der Inder als ich mit denen anfing. Der Kollege, mit dem ich zusammen im Büro sitze, ist der Accoutant - sonst ist nirgends Platz. Am ersten Tag knurrt mir gegen 13:30 dann wirklich der Magen, und hätte ich mich nicht gerührt, dann hätte er das wahrscheinlich noch den ganzen Nachmittag getan. Schließlich schnappe ich mir die Rezeptionistin und frage, ob und wo denn die anderen essen. Ich finde einige im Restaurant im Hof, denen ich mich dann anschließe. Aber Mensch, die hätten mich ruhig mitnehmen können, oder? Aber die Dinge und Gepflogenheiten hier sind einfach anders, sage ich mir immer wieder. Ich will mir jetzt keine Steine in den Weg legen, nur weil ich hier jemanden überrolle. "Geduld," so leierte die ewige Gebetsmühle während der Vorbereitungszeit, "ist der Schlüssel zur Integration, zum Vertrauen und zum Erfolg". Also bin ich in den ersten Tagen geduldig und surfe möglichst themenbezogen und sofern das Internet läuft, gehe mit den Leuten Mittag essen, mache Smalltalk auf dem Gang und nehme immerhin an einem Meeting mit dem Director und meinem Counterart teil. Danach kommen auch schon die ersten Emails bei mir an - ahhh, ein ungewohntes Gefühl, sich bei der Abeit über Emails zu freuen ;-)
Dann - fast als ob es selbstverständlich ist - sagt mir der Director am Freitag, dass wir gegen neun Uhr zum MFF ins Ministerium fahren. MFF? Ministerium?
MFF = Microfinance Forum und das Ministerium ist tatsächlich das Finanzministerium. Dort treffen sich alle Stakeholder der Mikrofinanzindustrie und diskutieren über ein neues Gesetz zur Regulierung der Mikrofinanzbranche in Uganda. Mit dabei:
- Links: Henry Maguta, Assistant of the Minister for Microfinance
- Mitte: Hon. General Caleb Akandwanaho Salim Saleh, Minister for Microfinance, Halbbruder des Präsidenten von Uganda und bis 2006 noch General der Armee
- Rechts: David Baguma, mein "Chef" bei AMFIU
Die ganze Veranstaltung ist stellenweise schon skurril: Obwohl alles in schickem Ambiente stattfindet, fiept ständig das Mikro und die Ausführungen mancher Redner sind so blumig und weitschweifig, dass ich trotz größter Mühe dem roten Faden nicht folgen kann. Am Schluß resümierte der Minister: "I think I have been doing a very good job and I am very happy with me and I think I deserve a clap." Woraufhin er natürlich prompt einen dicken Applaus bekommt. Aber abgesehen von diesen paar Anekdoten ist die Veranstaltung dennoch in keinster Weise lächerlich. Denn hier setzt sich die Regierung mit Vertretern der Finanzindustrie und Vertretern der Konsumenten an einen runden Tisch, um an einer fairen und praktikablen Regulierung des nationalen Mikrofinanzmarktes zu arbeiten. Eine saubere Vorgehensweise.
Gleichzeitig muss ich nun auch sehen, dass ich in den nächsten Wochen noch ein wenig aus dem Büro hinauskomme und "upcountry" fahre, d.h. raus aufs Land, um das eigentliche Geschehen vor Ort mit zu bekommen: Kleine Mikrofinanzinstitute mit drei bis vier Mitarbeitern und Kreditnehmern, die sich eine neue Lebengrundlage schaffen möchten. Denn dort spielt die eigentliche Musik.
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